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17. November 2022

LED-Büro in Kambodscha im Aufbau

 

«Ich freue mich immer, wenn ich morgens in die alte Fabrikhalle komme»
 

Interview mit Pius Frick, seit März 2022 LED-Landeskoordinator in Kambodscha

 

Pius Frick, wie war die Übersiedlung von Moldau nach Kambodscha?

Spannend. Am Ende der fast zehnjährigen Zeit in der Republik Moldau habe ich gemerkt, wie wenig man eigentlich zum Leben braucht. So bin ich mit wenig Gepäck wieder abgereist.  Zu Beginn war ich damit beschäftigt, das Visum zu verlängern, eine Wohnung und einen Arbeitsplatz zu organisieren, d.h. erst mal richtig anzukommen und das Zelt aufschlagen. Das gab mir gleich auch die Gelegenheit, mich in der Stadt zu orientieren und einen groben Überblick zu erhalten.  Ich habe erkannt, dass ich meine Gewohnheiten anpassen muss, nicht zuletzt, um mit der Hitze zurecht zu kommen. An die Hitze habe ich mich zwischenzeitlich schon gewöhnt.

 

Hat der LED nun ein Büro in Phnom Penh?

Ja, d.h. noch nicht offiziell. Aber wir haben bereits ein Büro in einem Co-Working Space. Das war von Anfang an der Plan: sich erst flexibel einzurichten und anfangs einen Co-Working Space zu benutzen. Ich wusste, dass es eine ganze Anzahl solcher flexibleren Arbeitsplätze in der Hauptstadt gibt. Die Entscheidung fiel auf die Factory Phnom Penh. Die alte, umfunktionierte Textilfabrik liegt zwar etwas ausserhalb des Zentrums, ist jedoch ein beliebter Ort für (auch entwicklungsrelevante) Veranstaltungen. Wir haben dort ein kleines, aber feines Büro in direkter Nachbarschaft mit interessanten Startups und Projekten. Es gibt eine kleine Küche sowie Sitzungszimmer, die wir bei Bedarf benutzen können. Alles in allem eine kostengünstige und flexible Lösung. Ich freue mich immer, wenn ich morgens in die alte Fabrikhalle komme.

 

Welche Themen bearbeitet der LED in Kambodscha?

An Ideen mangelt es nicht. Zuerst habe ich mich intensiv eingelesen. Zum Glück haben wir vom LED die Vorgabe erhalten, uns bei der Analyse auf die Berufsbildung und die Bildung für nachhaltige Entwicklung zu konzentrieren. Bereits das sind sehr grosse Themenfelder. Da galt es, Dutzende von Strategien und Richtlinien zu analysieren, Studien über die Situation zu durchforsten. Und dann gingen wir daran, hier tätige Organisationen aber auch staatliche Institutionen zu besuchen, um das Gelesene mit Gesprächen zu vertiefen und in einen realen Kontext zu setzen. Papier ist manchmal geduldig und einiges schreibt man nicht in eine Publikation. In Gesprächen kann man heikle Punkte ansprechen, die Berichte nicht beantworten und man bekommt persönliche Einschätzungen zu hören.

 

Lässt sich das Thema zu diesem Zeitpunkt schon konkret eingrenzen?

Das Bild, das entstand, ist relativ eindeutig. Kambodscha hat v.a. durch die Textilindustrie in den letzten zehn Jahren wirtschaftlich ein starkes Standbein erhalten. Diese Industrie bietet zwar Arbeitsplätze, doch für viele reicht der Lohn nicht für die Deckung der Grundbedürfnisse. Die Regierung möchte daher vermehrt Arbeitsplätze mit höherer Wertschöpfung und höheren Löhnen schaffen. Aus- und Weiterbildung spielt dabei eine grosse Rolle. Entsprechend willkommen ist die Ausrichtung des LED auf Berufsbildung. Wir werden uns auf bestimmte Themen konzentrieren, aktuell haben wir dafür die beiden Themenbereiche IT/Digitalisierung sowie Umwelt (erneuerbare Energien, Energieeffizienz etc) im Blick. Hier können wir meiner Ansicht nach einen wertvollen Beitrag leisten.

 

Wie gestaltet sich der Dialog mit den Ämtern? Wer ist denn für Berufsbildung zuständig?

Anfangs war das etwas umständlicher als ich mir das von der Republik Moldau her gewohnt war. In Moldau war es sehr leicht, z.B. mit dem Berufsbildungsdepartment in Verbindung zu treten. Kambodscha ist viel grösser - entsprechend komplexer sind die staatlichen Strukturen. Zudem gibt es kulturelle Unterschiede. Hierarchien sind hier um einiges wichtiger. Da lernen wir noch. Mittlerweile habe ich guten Kontakt, sowohl zum Bildungsministerium als auch zum Arbeitsministerium, welches die Führung in der Berufsbildung innehat. Den Überblick über die Berufsbildung zu behalten ist anspruchsvoll, denn nicht weniger als 14 Ministerien unterhalten eigene Strukturen, die mit Berufsbildung zu tun haben. Das Berufsbildungsdepartement des Arbeitsministeriums ist mit einem entsprechend grossen Koordinationsaufwand konfrontiert. Das müssen wir in unserer Arbeit berücksichtigen.

 

Gibt es schon bald erste Projektunterstützungen in Kambodscha?

Ich bin bereits im Gespräch sowohl mit dem Bildungs- als auch mit dem Arbeitsministerium zu einigen Projektideen. Die Arbeit läuft und erste Vorschläge sind demnächst spruchreif.  Bald werden sie unserem Stiftungsrat vorgelegt. Sobald erste Projekte genehmigt sind, berichte ich gerne mehr.

Bild von LED-Büro in Kambodscha im Aufbau